
Aktuelles aus Bundesbern
Vorschau auf die Herbstsession 2025
Im Bereich der Energiepolitik fällt in dieser Session die Entscheidung über das Energie-Beschleunigungsgesetz. Aus Sicht des Schweizerischen Gemeindeverbandes (SGV) ist es entscheidend, dass zwischen Nationalrat und Ständerat ein Kompromiss gefunden wird. Dieses Gesetz bildet einen wichtigen Pfeiler für den Ausbau der inländischen erneuerbaren Stromproduktion und für die Stärkung der Versorgungssicherheit.
Im Bereich der Medienpolitik prägt die Volksinitiative «200 Franken sind genug» die Debatte. Der SGV lehnt die Initiative entschieden ab, da sie die viersprachige SRG SSR sowie den regionalen Journalismus ernsthaft gefährden würde.
Betreuungszulage: Die Programmvereinbarungen sind wieder im Spiel
Im Parlament herrscht Konsens darüber, dass eine dauerhafte Lösung für die finanzielle Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung (21.403) gefunden werden muss.
In der Sondersession im Mai 2025 hat sich der Nationalrat auf das ständerätliche Finanzierungsmodell geeinigt und entschieden, diese Vorlage als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle (Kita-Initiative 24.058)» zu präsentieren. Er beschloss jedoch, die Programmvereinbarungen beizubehalten, die der Ständerat zuvor in der Wintersession aus der Vorlage gestrichen hatte. Mit diesen Differenzen ging die Vorlage zurück an den Ständerat.
Die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur hat daraufhin im Juni und August die Beratungen der Differenzen fortgesetzt bzw. abgeschlossen. Im Mittelpunkt der Debatte stand der Vorschlag, als Voraussetzung für den Erhalt einer Betreuungszulage ein Mindesteinkommen des zweitanspruchsberechtigten Elternteils festzulegen. Mit diesem Modell, dem die Kommission mit 8 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt hat, soll die Erwerbstätigkeit der Eltern gefördert werden. Die WBK-S hat ferner analog zum Nationalrat entschieden, die Kita-Initiative zur Ablehnung zu empfehlen.
Die parlamentarische Initiative und die Volksinitiative kommen in der Herbstsession am 11. September in den Ständerat.
Position SGV: Der SGV hat die Wichtigkeit der Programmvereinbarungen stets betont und nimmt daher erfreut zur Kenntnis, dass dieses Element nun in der ständerätlichen Kommission Unterstützung findet. Die Ablehnung der zentralen Förderbereiche Qualität und Vereinbarkeit hingegen kann der SGV nicht mittragen. Ohne eine qualitative Anpassung der Betreuungsangebote und der besseren Abstimmung auf die Bedürfnisse der Eltern und deren Erwerbstätigkeit verliert die Vorlage zentrale Pfeiler in Bezug auf die effektive Inanspruchnahme der familienergänzenden Kinderbetreuung.
Der SGV ersucht den Ständerat zudem, dem vom Nationalrat geforderten Verpflichtungskredit von 200 Millionen Franken zu folgen. Die von der WBK-S beantragte Koppelung der Betreuungszulage an die Erwerbstätigkeit lehnt der SGV ab, denn sie scheitert an der praktischen Umsetzung: Wie soll diese Anspruchsbedingung kontrolliert und durchgesetzt werden? Der SGV ersucht das Parlament um rasche Einigung, damit die Vorlage und deren Umsetzung vorangetrieben werden können, denn die Gemeinden brauchen Planungssicherheit.
Änderung SchKG: Mit neuen Verfahren der Überschuldung entgegenwirken
Überschuldete Personen sollen mit einfacheren Verfahren rascher eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben bekommen. Die Vorlage des Bundesrats sieht zum einen ein vereinfachtes Nachlassverfahren für überschuldete Personen mit einem regelmässigen Einkommen, zum anderen ein Sanierungsverfahren im Konkurs für Personen ohne Rückzahlungsmöglichkeiten mit anschliessender Restschuldbefreiung vor. Um Missbräuche und übermässige Verluste für die Gläubiger zu verhindern, sollen verschiedene Sicherheitsschranken eingeführt werden (z.B. eine zeitliche Sperrfrist für ein neues Verfahren nach durchgeführtem Sanierungskonkurs).
Die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen RK-N hat zum Auftakt ihrer Beratungen im April 2025 Anhörungen mit Vertretungen der Kantone, von interessierten Kreisen sowie Experten aus der Lehre durchgeführt. Die Detailberatung nahm die Kommission im Juli und August auf und bekräftigte grundsätzlich, dass sie Handlungsbedarf im Bereich der Überschuldung von natürlichen Personen sieht. Sie beantragte ihrem Rat keine Änderungen zum bundesrätlichen Vorschlag zur Einführung eines vereinfachten Nachlassverfahrens, kritisierte aber etliche Aspekte betreffend die Einführung des Verfahrens zum Sanierungskonkurs.
Der Nationalrat befasst sich in der letzten Sessionswoche am 25. September mit der Vorlage.
Position SGV: Der SGV unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) (siehe auch Stellungnahme) grundsätzlich. Nach geltendem Schweizer Recht, das keine Restschuldbefreiung kennt, haben viele hochverschuldete Personen keine reellen Aussichten auf ein schuldenfreies Leben mehr. Sie haben daher zum Leben nur das vom Betreibungsamt errechnete Existenzminimum. Überschuldung führt zu Armut und sozialer Ausgrenzung, was sich nicht nur auf die Betroffenen selbst, sondern auch u.a. auf die kommunale Sozialhilfe negativ auswirkt. Die zwei neu vorgesehenen Verfahren zur finanziellen Sanierung natürlicher Personen haben sowohl positive Auswirkungen auf die Lebenssituation und Gesundheit der Betroffenen selbst als auch auf die Volkswirtschaft und die öffentliche Hand (etwa geringere Sozialhilfekosten für die kommunale Ebene).
Der SGV ersucht den Nationalrat daher, der bundesrätlichen Vorlage zu folgen. Statt einer zeitlichen Sperrfrist für ein neues Verfahren nach einem bereits durchgeführten Sanierungsverfahren wäre für den SGV auch eine Beschränkung des Zugangs zum Sanierungsverfahren auf eine einmalige Durchführung vorstellbar. Eine vollständige Streichung des Sanierungsverfahrens aus der Vorlage kann der SGV aufgrund der obigen Ausführungen und der Wichtigkeit der Restschuldbefreiung nicht unterstützen. Die Frist zur Abschöpfung der Einkünfte im Falle eines Sanierungskonkurses ist entweder bei den vom Bundesrat vorgesehenen drei Jahren zu belassen oder auf zwei Jahre zu verkürzen. Der Grossteil der verschuldeten Personen lebt bereits seit Jahren mit einer Lohnpfändung und somit am Existenzminimum. Ein Abschöpfungsverfahren, das über drei Jahre hinausgeht, würde zu vielen Abbrüchen des Sanierungsverfahrens führen, was nicht nachhaltig ist.
Digitale Unterschriftensammlung: Zeitnahe Einführung unabdingbar
Eine Motion (24.3851) von Ständerat Benjamin Mühlemann fordert, dass Unterschriftensammlungen künftig über digitale Kanäle stattfinden sollen. Der Bundesrat soll beauftragt werden, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen und die entsprechende Technologieplattform resp. die notwendigen digitalen Anwendungen einzuführen.
Nachdem der Ständerat die Motion in der Wintersession 2024 gutgeheissen hatte, sprach sich in der zurückliegenden Sommersession auch der Nationalrat für die Motion aus; mit 95 zu 91 Stimmen bei 6 Enthaltungen allerdings nur knapp. Gegen die Motion haben sich Vertreter der SVP und der Mitte wegen staatspolitischer Bedenken ausgesprochen. Ausserdem hat der Nationalrat die Motion dahingehend abgeändert, dass auch künftig Unterschriftensammlungen auf Papier möglich sein sollen. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-N) hat in ihrer Sitzung vom Juni mit 6 zu 5 Stimmen gegen die Motion gestimmt. Eine Mehrheit war der Ansicht, dass erst Erfahrungen mit Pilotbetrieben (vgl. Geschäft 24.3905) gesammelt werden sollen.
Der Ständerat wird sich am 10. September mit dem Geschäft befassen.
Position SGV: Der SGV befürwortet die Motion sowie die Abänderung des Nationalrates, wonach auch weiterhin Unterschriftensammlungen auf dem Papier möglich sein sollen. Mittel- bis langfristig soll jedoch das E-Collecting zum Standard werden. Die Schaffung der rechtlichen Grundlagen sowie die Durchführung und Auswertung von Pilotbetrieben können parallel stattfinden. Die Pilotbetriebe werden voraussichtlich wertvolle Erkenntnisse darüber bringen, was bei der Einführung von E-Collecting in der Umsetzung zu beachten ist und wie diese mit einem möglichst vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann. E-Collecting hat grundsätzlich ein grosses Potential: Die Gemeinden werden so künftig Unterschriftenbescheinigungen einfacher abwickeln und gefälschte Unterschriften identifizieren können, während sie heute lediglich Verdachtsfälle mitteilen können.
Bedingung dafür ist, dass die E-ID-Vertrauensinfrastruktur als technische Basis dient. Das Gesetz zur E-ID tritt voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft. Die E-ID kommt also bald.
Postalische Grundversorgung: Behutsames Vorgehen ist angebracht
Die Motion (25.3948) der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) fordert einerseits, dass die flächendeckende Hauszustellung von Postsendungen weiterhin für alle ganzjährig bewohnten Häuser in der Schweiz gewährleistet bleibt. Andererseits verlangt sie, dass die heutigen Qualitätsvorgaben für die Laufzeiten von Briefen, Paketen und abonnierten Tageszeitungen im Rahmen der postalischen Grundversorgung nicht gesenkt werden (heute 97% für Briefe, 95% für Pakete und abonnierte Tageszeitungen). Damit will sie entsprechenden Abbauplänen, welche der Bundesrat mit der laufenden Teilrevision der Postverordnung hegt, einen Riegel schieben. Der Bundesrat lehnt die Motion ab. Da sämtliche in der Vernehmlassungsvorlage zur Revision der Postverordnung vorgesehenen Erleichterungen für die Post wegfielen, sei die Finanzierung der Grundversorgung bis zum Inkrafttreten eines revidierten Postgesetzes nicht gewährleistet.
Der Nationalrat beugt sich am 10. September über das Geschäft.
Position SGV: Für den SGV ist unbestritten, dass die Post die Grundversorgung auch in Zukunft eigenwirtschaftlich erbringen und für alle Regionen gewährleisten muss. Das macht eine Weiterentwicklung des Postnetzes bzw. gewisse Anpassungen des Grundversorgungsauftrages unumgänglich. Vor diesem Hintergrund lehnt der SGV die Motion 25.3948 ab, erwartet von der Schweizerischen Post jedoch, dass diese bei der Weiterentwicklung die für die Gemeinden wesentlichen Bedingungen einhält (vgl. Stellungnahme SGV zur Teilrevision der Postverordnung.). So ist es für den SGV unerlässlich, dass für die vom Abbau der Hauszustellung betroffenen Haushalte ausserhalb des Siedlungsgebietes eine Erschliessung mit einem Hochbreitbandanschluss gegeben sein muss. Eine solche ermöglicht es, digitale Briefe und digitale Behördendienstleistungen auch in abgelegenen Gebieten anzubieten (vgl. Stellungnahme SGV zur Gigabitstrategie).
Andererseits muss der Abbau zwingend in Absprache mit den betroffenen Gemeinweisen sowie gestaffelt erfolgen. Vor diesem Hintergrund nimmt der SGV auch die vom Bundesrat geplante zehnjährige Übergangsfrist positiv zur Kenntnis.
Kein Kahlschlag beim Regionaljournalismus
Die Volksinitiative (24.060) will die Haushaltsabgabe auf CHF 200 pro Haushalt und Jahr senken und die Unternehmensabgabe gänzlich abschaffen. Der Anteil der privaten regionalen Radio- und Fernsehstationen darf dabei in absoluten Zahlen nicht sinken, womit deren prozentualer Anteil deutlich zunehmen würde. Die Erträge der Abgabe würden sich mit der Initiative ungefähr halbieren.
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, will aber einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe umsetzen: Die Haushaltsabgabe soll ab 2027 schrittweise auf 300 CHF pro Jahr sinken. Nach einer intensiven Debatte hat der Nationalrat die Initiative dem Volk in der Sommersession gegen den Widerstand der SVP und Teilen der FDP mit 116 zu 74 bei zwei Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen. Ein Minderheitsantrag der SVP, welche die Initiative an die Kommission zurückweisen wollte mit dem Auftrag, einen indirekten Gegenvorschlag (Forderung nach mehr Effizienz, Entlastung der Haushalte, Einschränkung der SRG bei Unterhaltung und Sport) auszuarbeiten, wurde ebenfalls abgelehnt. Auch ein Minderheitsantrag der Ratslinken, welche der Initiative einen direkten Gegenvorschlag gegenüberstellen wollte, der die Finanzierung von Radio und Fernsehen über einen durch die Mehrwertsteuer gespiesenen, unabhängigen Fonds vorsah, kam im Rat nicht durch.
Am 11. August hat die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) ihrem Rat die Initiative ebenfalls zur Ablehnung empfohlen, und dies sehr deutlich mit 12 zu 1 Stimmen.
Der Ständerat beugt sich am 22. September über das Geschäft. Lehnt auch der Ständerat die Initiative ab, so kommt sie ohne Gegenvorschlag vors Volk.
Zwei weitere Vorstösse im Medienbereich wird der Nationalrat während der Herbstsession behandeln. Die parlamentarische Initiative Bauer (22.407) verlangt, dass der Anteil der Medienabgabe, welcher gemäss RTVG für regionale Radio- und Fernsehsender verwendet wird, von 4-6 Prozent auf 6-8 Prozent steigen soll. Die parlamentarische Initiative Chassot (22.417) will mit maximal einem Prozent des Ertrags der Medienabgabe verschiedene Fördermassnahmen unterstützen, insbesondere für die elektronischen Medien. Der Ständerat hatte sich in der Sommersession für beide Vorlagen ausgesprochen. Der Nationalrat wird sich am 2 September mit diesen befassen (die KVF-N berät die Vorlagen am 25./26. August nochmals).
Position SGV: Der SGV lehnt die Initiative entschieden ab. Die damit einhergehende massive Reduktion der Mittel bei der SRG würde den Regionaljournalismus stark gefährden, und dies in Zeiten, in denen der mediale Service public sowieso schon stark gefährdet ist. Eine mediale Vielfalt und eine starke viersprachige SRG ist wichtig für eine lebendige Demokratie und eine qualitativ hochstehende journalistische Grundversorgung, insbesondere auch in den sprachlichen Randregionen. Der bundesrätliche Vorschlag, die Radio- und Fernsehabgabe für Haushalte bis zum Jahr 2029 schrittweise auf jährlich 300 Franken zu senken, geht bereits sehr weit, stellt für die SRG eine Herausforderung dar und gefährdet damit die erwähnte journalistische Grundversorgung. Noch weitergehende Kürzungen wären schlicht unverantwortlich.
Die Debatte folgt aufgrund der Initiative einer falschen Reihenfolge: Vor dem Finanzbedarf muss der Leistungsauftrag der SRG definiert werden, aus welchem sich dann der Finanzbedarf ergibt. Die Art und Weise der Finanzierung ist unabhängig vom Finanzbedarf und muss separat geklärt werden. Es ist klar, dass es längerfristig eine alternative Finanzierung zur heutigen Medienabgabe braucht, welche administrativ sehr aufwendig und ineffizient ist.
Der SGV befürwortet hingegen die parlamentarischen Initiativen Bauer und Chassot. Diese zielen darauf ab, den medialen Service public zu stärken und bilden zusammen mit der parlamentarischen Initiative Bulliard-Marbach (22.423), bei der sich die Räte in der Frühjahrsession auf einen Ausbau der indirekten Presseförderung geeinigt hatten, ein ausgewogenes Paket für die kurz- bis mittelfristige Förderung des akut gefährdeten medialen Service public.
Für einen schweizweit koordinierten Adressdienst
Mit dem Adressdienstgesetz (23.039) soll die Gesetzesgrundlage für einen nationalen Adressdienst (NAD) geschaffen werden. Mit diesem sollen die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sowie Dritte mit gesetzlichem Auftrag schweizweit die gemeldeten Wohnadressen natürlicher Personen abfragen können. Zugriffsberechtigt werden demnach diejenigen Behörden und Organisationen, die auch die AHV-Nummer systematisch verwenden dürfen. Private sind von der Nutzung ausgeschlossen. Der NAD ist dabei kein Register, sondern ein Dienst, der die Daten der Einwohnerdienste unverändert wiedergibt. Datenhoheit, Datenbearbeitungen und Datenkorrekturen verbleiben wie bisher bei den Einwohnerdiensten der Gemeinden und Kantone.
Nachdem der Nationalrat in der Frühlingssession auf die Vorlage eingetreten ist und einen Antrag seiner staatspolitischen Kommission SPK-N auf Rückweisung an den Bundesrat abgelehnt hat, nahm diese im August die Detailberatung vor. Der Ständerat hatte der Vorlage mit einer Änderung bereits zugestimmt. Die Kommission hat in der Detailberatung zwei Änderungsanträge angenommen: einen Antrag zum Vorrang des kantonalen Rechts bei der Datenübertragung (12 zu 10 Stimmen) und einen Antrag über die Gebührenbefreiung (17 zu 6 Stimmen). In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Entwurf mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Der Nationalrat wird sich am 17. September mit dem Geschäft befassen.
Position SGV: Aus Sicht des SGV ist es wichtig, beim Aufbau eines nationalen Adressdienstes vorwärtszumachen. Das Vorhaben ist ein wichtiger Schritt hin zur digitalen Verwaltung. Ein nationaler Adressdienst befördert die Digitalisierung und die Effizienz in der Verwaltung und würde den Aufwand für die Adress- und Wohnsitzrecherche deutlich reduzieren, was letztlich auch der Bevölkerung zugutekommt. Gleichzeitig verbliebe die Datenhoheit wie bisher bei den Einwohnerdiensten der Gemeinden und Kantone.
Heute sind die in den verschiedenen Registern geführten Adressen nicht einheitlich. Gemäss dem Prinzip «Once only» wird ermöglicht, dass eine Adresse nur einmal erfasst wird und alle Verwaltungsstellen, die gemäss der gesetzlichen Grundlage die Berechtigung dazu haben, dann auf diese Adressdaten zugreifen können. Das stärkt die Qualität der vorhandenen Datensätze bzw. Adressdaten. Der Aufwand für die Adress- und Wohnsitzrecherche könnte deutlich reduziert, der schweizweite Abgleich von Adressdaten vereinfacht und die Geschäftsprozesse der öffentlichen Hand effizienter wahrgenommen werden - dies auch im Sinne einer Dienstleistung zuhanden der Bevölkerung. Der geschätzte volkswirtschaftliche Gesamtnutzen beläuft sich auf beachtliche 7 Mio. CHF pro Jahr. Allein die Kosteneinsparungen durch Anfragen der Krankenkassen als einer der Haupt-Datenbezüger werden auf mehrere Millionen Franken schweizweit geschätzt (vgl. Flyer nationaler Adressdienst).
Die Gemeinden und ihre Einwohnerdienste sind in erster Linie Datenproduzenten. Der SGV unterstützt daher die Position, dass die für die Führung der Einwohnerregister zuständigen Gemeinden oder kantonale Stellen (in Vertretung der Gemeinden) von der Gebührenpflicht befreit werden sollen.
Der SGV ersucht den Nationalrat, die Vorlage anzunehmen.
Einen schweizweiten elektronischen Betreibungsregisterauszug ermöglichen
Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat die ursprüngliche Vorlage des Bundesrates für eine Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) stark verändert. Der Bundesrat wollte ursprünglich nur, dass bei Betreibungsauskünften in Zukunft eine Wohnsitzüberprüfung stattfinden soll und die Auskunft aus dem Betreibungsregister zukünftig die Angabe beinhalten soll, ob die genannte Person im Einwohnerregister des Betreibungskreises erfasst ist oder nicht. Die RK-N will mit dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf (24.065) deutlich weiter gehen und eine Rechtsgrundlage für einen schweizweiten elektronischen Betreibungsregisterauszug schaffen. Die Vorlage sieht die Schaffung einer zentralen Datenbank für die gesamte Schweiz vor, wobei die Beitreibungsämter die notwendigen Daten an diese Datenbank senden. Die Identifikation würde über die AHV-Nummer bzw. die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) erfolgen.
Die RK-N wird die Vorlage an ihrer Sitzung vom 28./29. August nochmals im Detail beraten. Der Nationalrat wird sich am 16. September mit dem Geschäft befassen.
Position SGV: Der SGV begrüsst die Vorlage ausdrücklich (vgl. auch unsere Stellungnahme im Rahmen der Konsultation der RK-N). Betreibungsregisterauskünfte sind heute auf den Betreibungskreis desjenigen Amtes beschränkt, bei dem das Gesuch eingereicht wird. Dies hat für die Einwohnerinnen und Einwohner gewichtige Nachteile: Bewerben sie sich für eine Mietwohnung – hierfür werden rund 80 Prozent aller Betreibungsregisterauszüge benötigt – so müssen sie in der Regel für jeden Wohnort der letzten fünf Jahre einen separaten Betreibungsregisterauszug vorlegen. Auch für die zuständigen Ämter – in manchen Kantonen ist dies Aufgabe der Gemeinden – bedeutet das Fehlen einer gesamtschweizerischen Datenbank für Betreibungsregisterauskünfte einen substanziellen Mehraufwand. Das heutige System ist ineffizient und schöpft die technischen Möglichkeiten bei Weitem nicht aus. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich.
Der SGV setzt sich seit Langem dafür ein, die Digitalisierung in der Verwaltung zu befördern. Die vom SGV als Partner mitgetragene Organisation Digitale Verwaltung Schweiz (DVS) hat bereits im Juni 2024 das Projekt BRA CH initialisiert, welches den Aufbau einer zentralen Datenbank für Betreibungsregisterauskünfte bezweckt. Sämtliche Betreibungsämter sollen hierzu unter Verwendung der AHV-Nummer bzw. der UID ihre Betreibungsdaten liefern. Damit wird die Effizienz von Verwaltungsprozessen dank Automatisierung erhöht und der Service Public verbessert. Auch die Aussagekraft des Auszugs wird neu eine sehr hohe Qualität haben. Aufgrund des Mengengerüsts dürfte die neue schweizweite Betreibungsregisterauskunft zum wichtigsten Treiber für die Verbreitung der E-ID in der Bevölkerung werden. Es ist daher zentral, dass die Einwohnerinnen und Einwohner zukünftig mittels der E-ID rasch und unkompliziert online eine Selbstauskunft – bei Bedarf über mehrere Betreibungsämter – beziehen können.
Vor weiteren Steuerdiskussionen Abstimmung zur Individualbesteuerung abwarten
Die Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare — Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» (25.018) der Mitte-Partei bildet das konzeptuelle Gegenstück zur Individualbesteuerung. Sie will in der Bundesverfassung verankern, dass das Einkommen eines Ehepaars zusammengerechnet wird. Für den Steuerbetrag soll dabei neben der gemeinsamen Besteuerung eine alternative Steuerberechnung anhand des Tarifs und der Abzüge für unverheiratete Personen gemäss der Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer erfolgen und dann der jeweils tiefere Betrag in Rechnung gestellt werden.
Der Bundesrat lehnt die Initiative mit Hinweis auf den Widerspruch zur Individualbesteuerung und die verminderten Erwerbsanreize ab. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) hat ihrem Rat die Initiative am 18. August mit 13 zu 12 Stimmen sehr knapp zur Ablehnung empfohlen. Eine Minderheit beantragt, die Initiative zur Annahme zu empfehlen.
Der Nationalrat wird sich am 17. September mit dem Geschäft befassen.
Position SGV: Der SGV lehnt die Initiative ab. Mit dieser würde die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren nicht aus der Welt geschafft, sondern verschärft. Ehepaare wären gegenüber unverheirateten Paaren im schlechtesten Fall gleichgestellt, und in allen anderen Fällen bessergestellt. Dies würde dem verfassungsmässigen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in fundamentaler Weise widersprechen. Nur die in der Sommersession von den Räten knapp verabschiedete Individualbesteuerung (24.026) stellt die Gleichbehandlung sicher. Da die Individualbesteuerung und die Initiative der Mitte-Partei sich gegenseitig ausschliessen, soll das Parlament die Beratungen zur Mitte-Initiative bis auf Weiteres sistieren. Wird gegen die Individualbesteuerung kein Referendum ergriffen oder wird diese in der Volksabstimmung angenommen, so wäre es demokratiepolitische nicht angebracht, die Initiative weiter zu verfolgen.
Ausserdem würde die Initiative gemäss Botschaft des Bundesrates bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von 700 Mio. bis 1.4 Mrd. Franken führen. Neuere Berechnungen der ESTV mit verschiedensten Abzugskombinationen und Splittingvarianten ergeben teilweise – je nach Variante – noch deutlich höhere Mindereinnahmen. Dies ist nicht vertretbar.
Änderung des Energiegesetzes: Die UREK-N hält am Beschwerderecht fest
Am 24. Juni 2025 hat sich die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) zum dritten Mal mit der Änderung des Energiegesetzes (Beschleunigungserlass, EnG, 23.051) befasst. Dies, nachdem der Ständerat zuvor an einem zentralen Punkt seiner bisherigen Haltung festhielt: Er hatte sich am 5.Juni 2025 dafür ausgesprochen, das Verbandsbeschwerderecht für Umweltorganisationen bei den 16 Grossprojekten im Bereich der Wasserkraft abzuschaffen. Die UREK-N beantragt nun mit 13 zu 12 Stimmen, beim Recht, Beschwerde gegen die 16 Wasserkraft-Projekte des Stromversorgungsgesetztes zu führen, am Beschluss des Nationalrates festzuhalten. Solche Beschwerden sollen zulässig sein, wenn sie von drei berechtigten Organisationen gemeinsam geführt werden. Ansonsten kommt die Kommission dem Ständerat in zahlreichen Punkten entgegen.
Der Nationalrat wird diese Vorlage am 10. September wieder aufnehmen; zudem sind der 16. und 25. September dem Ständerat sowie der 23. September dem Nationalrat vorbehalten.
Position SGV: Für die Gemeinden wie auch für die Kantone ist es von zentraler Bedeutung, dass ein Kompromiss zwischen dem National- und Ständerat gefunden wird, damit die Vorlage zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien erfolgreich abgeschlossen wird. Der Beschleunigungserlass ist ein wichtiger Pfeiler für den Ausbau der inländischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit unseres Landes. Es ist daher von grosser Bedeutung, die Verfahren für Produktionsanlagen von nationalem Interesse zu straffen und eine echte Beteiligung der betroffenen Gemeinden an den Entscheidprozessen zu gewährleisten. Der Entscheid des Ständerats stellt dies für den SGV sicher (Art. 14a 1bis).
Nutzung von PFAS: Vorbeugender Schutz der Gewässer muss Priorität behalten
Die Motion «PFAS-Grenzwerte unter Berücksichtigung der Auswirkungen, insbesondere für die Landwirtschaft oder die Wasserversorger, sachgerecht festlegen und Massnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft einleiten» wurde vom Ständerat in der Sommersession 2025 angenommen. In diesem Zusammenhang wurde der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) im Sommer 2025 von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) angehört. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
Position SGV: Der SGV lehnt die Motion 25.3421 ab. Je höher die Konzentration von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) insbesondere im Trinkwasser ist, desto grösser werden die Investitionen in die Infrastruktur zur Behandlung dieser Mikroverunreinigungen ausfallen. Der präventive Schutz der Gewässer muss daher oberste Priorität haben.
Angesichts der derzeit bestehenden Unsicherheit über die notwendigen und möglichen Massnahmen ist es nicht zweckmässig, vorsorglich günstige Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu schaffen. PFAS stellen ein systemisches Problem dar, das auch systemische Lösungen erfordert.
Schliesslich fordert der SGV die Schaffung eines auf dem Verursacherprinzip basierenden Finanzierungsinstruments für die Behandlung von Abwasser, analog zum bestehenden VASA-Fonds im Bereich Boden.